Liebe Freunde von Viva la Selva, liebe neugierig Gewordene,
in ein paar Tagen gibt es Neues auf unserer Webseite vivalaselva.org, zum Beispiel mehr über das Reservat von Viva la Selva in unseren Projekten. Unser Team stellt sich euch jetzt schon vor:
Im vorherigen Beitrag sprachen wir über Plastik, Logistik und schlechte Böden als Nachteile der Arbeit mit Baumschule.
Unser Ausweg: eine kombinierte Land- und Forstwirtschaft, die „syntropische Landwirtschaft“, welche die natürliche Wuchsfolge der Arten (Sukzession) eines wilden Waldes nachahmt, den Plastikverbrauch zur Aufzucht von Setzlingen drastisch reduziert und deren Logistik viel weniger kostet.
Unser Ziel: Wir wollen auch außerhalb des Reservats auf unserer Finca den bedrohten Baumarten auf sinnvolle Weise mehr Raum schaffen.
Warum wir so arbeiten wollen und wie das funktioniert, könnt ihr hier als Erstes Lesen. In 6. und 7. erfahrt ihr, was das fürs Reservat und unsere Baumschule bedeutet. Nach einem Foto von einem traditionellen Beispiel eines “Fruchtwäldchens” gibt es dann noch zwei Lesetipps mit Beispiel aus Deutschland.
1) Wald als Ziel syntropischer Landwirtschaft
2) Produktvielfalt einer syntropisch angelegten Bauminsel
3) Natürliche Düngung und Bodenerholung
4) ZUSAMMENGEFASST: Die Vorteile der Bauminseln
5) Die Wiederaufforstung Schritt für Schritt
6) Natürliche Wuchsfolgen im Reservat
7) Die Baumschulen
8) Ein traditionelles regionales Beispiel
9) Weiterführende Links
1) Wald als Ziel syntropischer Landwirtschaft
Ein wichtiges und klar benanntes Ziel dieser Landwirtschaft ist es, neue, biodiverse Wälder wachsen zu lassen und dabei abgewirtschaftete Böden zu regenerieren.
Die Baumsamen werden direkt in die Erde gesät, aber gleichzeitig mit und umgeben von verschiedenen anderen Pflanzen. Diese anderen sind schneller wachsende Pflanzen, welche die langsameren schützen und mit Nährstoffen versorgen. Die langsameren sind gewöhnlich Bäume, in unserem Fall insbesondere Baumarten aus reifen Urwäldern, wie unsere bedrohten Spezies.
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2) Produktvielfalt einer syntropisch angelegten Bauminsel
Dank der integrierten Anbauflächen bietet eine syntropisch angelegte Bauminsel nicht nur einem bedrohten Urwaldbaum ein gut behütetes Plätzchen inmitten vieler anderer Spezies, sondern zugleich auch Nahrungsmittel in einer variantenreiche Fruchtfolge, z.B. mit:
anfangs: z.B. Mais, Bohnen, Gurken, Reis, Yuca, Paprika, Aubergine
nach 1 Jahr: z.B. Bananen, Papayas, Maracuya
nach 4 Jahren & danach: z.B. Kakao, Limetten, Avokado, Guamas („Icecream-beans“), Cashew-Kerne, Kautschuk, Kaffeebohnen, Kokosnüsse, etc.
Viele der bedrohten Baumarten produzieren ab einer gewissen Reife (je nach Art etwa 8-20 Jahre) Früchte, Samen, Harze, Gummi, Aromen etc. …
So wächst ein vielfältiger Wald voller nützlicher Arten heran, der ganz nebenbei auch noch mehr CO2 absorbiert, als normale Anbauflächen.
So ein „Food Forest“ sieht zum Beispiel so aus:
Falls das Video nicht angezeigt wird, hier der Link:
The Forested Garden: What is a Food Forest?
3) Natürliche Düngung und Bodenerholung
In Gängen zwischen den Beeten der Bauminsel, werden von Anfang an mannshohe Grassorten mit breiten Blättern mit angebaut. Sie dienen einzig dazu, Biomasse zu liefern, die den Boden durchgängig dicht bedecken und mit Nährstoffen versorgen kann. So wird Feuchtigkeit gehalten und zugleich invasiven Spezies die Angriffsfläche genommen. Das macht den Einsatz von Düngern und Unkrautvernichtungsmitteln auch auf müden Böden normalerweise unnötig.
4) ZUSAMMENFASSUNG: Die Vorteile der Bauminseln
Dreifach verbesserte Wiederaufforstung:
Landwirte verwerfen das Pflanzen von Bäumen nicht mehr als vergebliche oder zu langfristige Investition oder gar als Störfaktor.
Wildtiere helfen dabei, die Baumarten weiter über die Region zu verbreiten, angelockt von mehr Nektaren, Früchten und Samen.
Kein Umpflanzen, kein Transport, weniger Plastik und Chemie, dafür „pflanzliche Unterstützung“ bei der Bodenpflege und beim Großziehen der jungen Bäumchen.
Drei absolut überzeugende Vorteile, finden wir.
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5) Die Wiederaufforstung Schritt für Schritt
Die Phasen dieser landwirtschaftlich aktiven Wiederaufforstung sehen in etwa so aus:
I) Eine größere Anzahl Baumsamen wird am Bestimmungsort ausgesät. Mit der Zeit werden schwächere Triebe entfernt, bis nach 4 oder 5 Jahren nur noch das stärkste junge Bäumchen übrig bleibt. (Bei Schwierigkeiten können nachträglich weitere Baumsamen in die Pflanzung integriert werden).
Die kostbaren Baumsamen liegen und keimen in der Erde umgeben von einer schützenden „Plazenta“ aus Maniok (hier „Yuca“), Mais und „grünen Düngern“. (Grüne Dünger sind Pflanzen, die den Boden mit Nährstoffen anreichern: Canavalia, Bohnen und andere Hülsenfrüchte.)
Die starken Maishalme geben den Kletterpflanzen Halt und dienen später mit ihnen zusammen als Dünger. Natürlich liefern Mais und Hülsenfrüchte auch Nahrungsmittel.
II) Wenn die ersten Blättchen der jungen Bäume sprießen, dienen ihnen bereits die Blätter der Yuca-Pflanzen als (kompostierbarer) “polisombra“ gegen Starkregen und direkte Sonneneinstrahlung. Außerdem lockern Yuca-Wurzeln die oberen Bodenschichten auf und helfen so dem jungen Baum seine Wurzeln auszubreiten.
III) Nach der Ernte (Yuca, Mais, Bohnen evtl. auch Reis) wird mit den Pflanzenresten die Erde bedeckt (siehe 3).
Zeitgleich beginnt die Ernte von Papayas, Bananen, Kochbananen und Maracuyas, welche in etwas größerem Abstand zum jungen Bäumchen gepflanzt wurden und nun groß genug sind, um dem gewachsenen Bäumchen weiter Schatten zu spenden, gerade so als wüchse es in einer kleinen Waldlichtung.
Auch diese Pflanzen verwandeln sich am Ende ihres Daseins in nährstoffreiche Bodenbedeckung für die ihnen folgenden.
IV) Nach etwa zwei Jahren sind in der Bauminsel kleinere Baumarten herangewachsen, deren Setzlinge von Anfang an als Biomasse-Produzenten für den Boden integriert worden waren. Sie überstehen problemlos drei bis vier rigorose Beschneidungen pro Jahr.
Darüber hinaus tragen sie essbare Früchte (z.B. der Guamo-Baum mit seinen Guamas, engl. „Icecream-beans”) oder sie sind von medizinischem Nutzen (z.B. Mataratón).
V) Nach etwa vier Jahren beginnt eine neue Obstbaumphase, z.B. mit Limetten, Kakao und Cashew. Einige spätere Bananensorten geben nun auch ihre ersten Früchte.
So kommen Jahr für Jahr neue Agrarprodukte hinzu.
Es MULTI KULTIviert sich um den jungen Urwaldbaum herum,
für dessen kräftigstes Exemplar sich so langsam entschieden wird.
Schon bald wollen wir anfangen, Bauminseln zu pflanzen.
Was hältst du von der Aufforstung in Bauminseln?
Gib uns ein Feedback zu unserem Vorhaben:
Du willst jetzt schon einen bedrohten Tropenbaum adoptieren? Dann folge unserem Link…
Reservat und Baumschule:
6) Natürliche Wuchsfolgen im Reservat
Da im Reservat bereits die ersten Wuchsfolgen gewachsen sind, aber die bedrohten Arten sich dort leider nicht mehr von allein integrieren, kann das Prinzip der Beschleunigung natürlicher Wuchsfolgen aus der syntropischen Landwirtschaft dabei helfen, ihnen auch dort einen Schutzraum zu bieten.
Die Arbeit beginnt dann an einem fortgeschrittenen Punkt: zu dominante Spezies werden vorsichtig ausgedünnt und bedrohten Spezies gezielt Raum geschenkt, ohne darauf zu warten, wo ein Sturm in den nächsten 50 Jahren evtl. eine Lichtung schafft, weil es bis dahin vielleicht von einigen der bedrohten Arten keine Samen mehr gibt.
7) Die Baumschulen
Die vorhandenen Baumschulen bilden auch nach der Einführung der Bauminseln noch eine entscheidende Säule unserer Arbeit, allerdings dann speziell für extrem schwer zu beschaffende Samen, von denen in jedem Fall so viele wie möglich zu Bäumen heranwachsen sollten (keine Auswahl der stärksten Triebe).
Viva la Selva ist auf Spendengelder angewiesen, um das Reservat und die Baumschule aufrecht erhalten zu können. Unterstütze jetzt unsere Arbeit!
8) Ein traditionelles regionales Beispiel
In traditionellen Obst- und Gemüsegärten (unabhängig von Kontinent und Kultur) ist vielfältiger Anbau normal. Auch die Frage nach mehr Licht oder Schatten spielt hier häufig eine Rolle. Die syntropische Sortierung nach Wuchsfolgen allerdings weniger.
In diesem aktuellen Beispiel haben 12 verschiedene Bäume/Palmen und diverse (Koch-)Bananenarten ihren Platz. Eine auch hier zu häufig von Monokulturen verdrängte Tradition, die mit unseren Bauminseln wieder stärker aufleben soll.
9) Weiterführende Links
Noch mehr Infos über die syntropische Landwirtschaft gibt es unter anderem bei wikifarmer.com/de.
Zu praktischen Erfahrungen mit syntropischer Landwirtschaft in Deutschland gibt es z.B. einen Bericht über den Hof Gut&Bösel in Alt Madlitz in Brandenburg (März 2022, swr.de).
Wir bedanken uns für euer Interesse und arbeiten weiter für mehr biodiversen Wald mit bedrohten oder seltenen, genuinen Spezies. Bei Fragen schreibt uns in den Kommentaren in Substack oder persönlich per Email: vivalaselvatropical@gmail.com
Euer Team von Viva la Selva